Ein Weg zurück ins Arbeitsleben

Eine Analyse der DAK Gesundheit zeigt für 2019 alarmierende Zahlen bei Ausfalltagen durch psychische Erkrankungen. „Mit rund 260 Fehltagen je 100 Versicherte waren Seelenleiden 2019 auf dem Höchststand – allein zum Vorjahr gab es einen Anstieg um zehn Prozent“ schreibt die DAK auf ihrer Internetseite. Burnout und Depressionen, Psychosen, Angsterkrankungen oder psychosomatische Leiden: Das Kolping-Bildungswerk Paderborn verfügt über eine Einrichtung, die sich speziell um psychisch erkrankte Menschen kümmert: das Berufliche Trainingszentrum (BTZ)  Gütersloh. Mit dem Ziel, sie weiter zu stabilisieren und wieder in Beschäftigung zu bringen.

„Menschen mit psychischen Erkrankungen benötigen eine spezielle Förderung, um wieder einen Einstieg in das Arbeitsleben zu finden“, sagt Dietmar Mantel, Geschäftsführer des BTZ Gütersloh. „Diese leisten wir sehr individuell mit unseren Psychologen und Sozialpädagogen und beruflichen Trainern. So können wir jeden Einzelnen bestmöglich begleiten und eine tragfähige berufliche Perspektive erarbeiten.“

Die Räumlichkeiten des BTZ Gütersloh machen richtig was her. Eine große,  gut ausgestattete Metallwerkstatt, eine ebenso ausgestattete Holzwerkstatt, ein kaufmännischer Trainingsbereich mit zahlreichen PC-Arbeitsplätzen, helle, geräumige Büros und großzügige Besprechungsmöglichkeiten. „Dass wir vor vier Jahren hierhin umziehen konnten, war ein Glücksfall für uns“, sagt Birgit Schipp, die Einrichtungsleiterin. Mit „uns“ meint sie die 17 Mitarbeiter und natürlich die Teilnehmer*innen, die hier qualifiziert werden.

Birgit Schipp ist Diplom-Psychologin und arbeitet seit 1991 bei Kolping. Ihre erste Station war das Kolping-Berufsförderungszentrum Gütersloh, wo sie im Internat tätig war. „Ich wollte immer im Team und mit Menschen arbeiten“, erklärt sie. Der Wunsch speziell mit Erwachsenen zu arbeiten, brachte sie ins BTZ. „Die Menschen, die zu uns kommen, haben eine Motivation – sie wollen“, so Birgit Schipp. „Sie wollen wieder für sich selbst sorgen, einer Aufgabe nachgehen, etwas Sinnvolles leisten.“ Was für gesunde Menschen selbstverständlich ist, kann für Menschen mit Depressionen zu einer  großen Herausforderung werden.

Wer als Teilnehmer*in ins BTZ kommt, hat in der Regel einen längeren Krankheitsverlauf mit medizinischer Reha hinter sich und ist von der Rentenversicherung oder der Agentur auf die Einrichtung aufmerksam gemacht worden. Viele wüssten gar nicht, dass es eine Einrichtung wie das BTZ überhaupt gibt, sagt Birgit Schipp. „Bei uns werden die Teilnehmer sozialpädagogisch und psychologisch betreut und fachlich weiterqualifiziert.“ Man stehe in Kontakt zu vielen Firmen in der Region, die Praktikumsplätze und Jobs zur Verfügung stellen. Das Netzwerk stimmt. Und das Engagement des Teams auch, wie man an Jana Suhr und Herbert Möller sieht. Jana Suhr ist als Sozialpädagogin tätig und begleitet die Teilnehmer*innen über die gesamte Maßnahme hinweg. „Es ist wichtig, dass sie einen festen Ansprechpartner haben, der nicht ständig wechselt“, sagt sie. Nur das verschaffe Sicherheit und Stabilität.

Wie wichtig es für die Menschen ist, ein Gesicht zu sehen, wurde auch unmittelbar nach Ausbruch der Corona-Pandemie deutlich. „Wir waren ja gezwungen von jetzt auf gleich ins Homeschooling zu wechseln. Dabei war Skype ein sehr wichtiges Instrument, um die Teilnehmer dennoch sehen zu können“, sagt Herbert Möller, der den kaufmännischen Schulungsbereich verantwortet. Natürlich wurde auch viel über Telefon, E-Mail, auch über Bleistift, Papier und Post gemacht, aber „ein Gesicht zu sehen“ – da ist sich Möller sicher, ist von großer Bedeutung. Gerade in der Pandemie war das BTZ für viele ein Anker. „Wir konnten beobachten, dass Corona bei manchen Teilnehmern auch zusätzliche Kräfte freigesetzt hat“, so Herbert Möller. Getreu dem Motto: Jetzt erst recht.

(Text: Sascha Dederichs)